Eine Fahrt mit Kukushka (Georgien)
Während meiner Georgienrundreise sollte eine Fahrt mit dem Kukushka natürlich nicht vergessen werden. Die Strecke Borjomi – Bakuriani ist die letzte Schmalspurstrecke der georgischen Eisenbahn. Auf einer Länge von 39km benötigt der Zug der SZD-Baureihe CS11 beinahe zwei Stunden. Meine Fahrt fand im März 2020 statt, seit März 2021 ist der Betrieb ausgesetzt, ob dieser wieder aufgenommen wird ist derzeit unklar.
Pro Tag wurden zwei bis drei Fahrten je Richtung angeboten, zu meinem Besuchszeitpunkt standen 4 Lokomotiven und diverse Garnituren bereit. Am Scheitelpunkt der Strecke begegnen sich die Züge. Im Zug selbst werden die Tickets für die Fahrt verkauft, mir hatte man am Schalter ein falsches Ticket für einen Zug nach Tiflis ausgestellt, da Georgisch eine eigene Schrift besitzt, ist es für Auswärtige leider unmöglich dies zu entziffern.

Zum Bahnhof
Meine Unterkunft lag unweit vom zentralen Bahnhof Parki in Borjomi. Mit dem ersten Zug Richtung Tiflis ging es einmal zum Haupt- und ehemaligen Güterbahnhof, wo der Umstieg auf die Linie nach Bakuriani möglich ist. Gefahren wird mit zwei oder drei Wagen, eine Unterscheidung zwischen den Klassen gibt es nicht, auch wenn die Sitze in manchen Wagen bequemer sind. Während der Fahrt ist es möglich auch die Plattformen zwischen den Wagen zu betreten, was sich besonders zum Fotografieren eignet.
Der Zugbetrieb
Aufgrund der Steigungen bzw. Gefälle und viele Kurven auf der 39km langen Strecke fährt der Zug recht langsam durch die Landschaft, die Höchstgeschwindigkeit von 45km/h wird im Regelfall nicht erreicht. Seit 1966 ist Betrieb elektrifiziert, zuvor fuhren Schmalspurdampfloks auf dieser Strecke, durch ihren auffälligen Ton kam die Linie zu ihrem Namen „Kukushka“.

Abfahrt
Die Abfahrt erfolgt im Regelfall pünktlich, am Nachmittag wird ggf. gewartet, wenn der Zug aus Tiflis Verspätung hat, da hier doch einige noch umsteigen und der Zug nicht nur bei Touristen beliebt ist. Der Frühzug muss jedoch auf keine Umsteiger warten, da der Zug nach Tiflis bzw. nach Bakuriani jeweils der Erste des Tages ist.
Unterwegs gibt’s außer Feldern, Wiesen und Wäldern nicht viel zu sehen. Da die Hinfahrt doch recht früh war, nutze ich die lange Fahrt nach Lösen der Fahrtkarte, um etwas zu dösen. Ich war der einzige in meinem Wagen. Pünktlich kamen wir in Bakuriani am anderen Ende der Strecke an, hier wurde wurde die Lok wieder vorne angehängt und man nahm die Rückfahrt nach einem Stopp von guten zwanzig Minuten in Angriff. Ich hatte nun knapp vier Stunden in Bakuriani Zeit, mir die Stadt anzusehen, etwas zu essen bevor es mit dem Nachmittagszug zurück gehen sollte.


Die Rückfahrt
Pünktlich erreichte der Zug Bakuriani. Es stiegen nun deutlich mehr Fahrgäste für die Fahrt ins Tal nach Bakuriani ein, als es am Morgen waren. Einige wenige blieben auch im Zug sitzen, die also die direkte Rückfahrt antreten wollten.

Auf meiner zweiten Fahrt waren nun 3 Waggons angehängt, ich kann mir gut vorstellen, dass am Nachmittag mehr Menschen fahren, aufgrund der Anschlüsse von und nach Tiflis.

Die meiste Zeit der Fahrt Richtung Borjomi verbrachte ich auf der hinteren Plattform des letzten Waggons, denn dies erlaubte mir, alle Wagen inkl. der Lokomotive sowie weitere Aufnahmen von der Umgebung zu machen.

Die Fahrt verlief überwiegend ereignislos, bis es ca. 15km vor Borjomi zu einem lauten knall und der plötzlichen Vollbremsung kam. Nichts rührte sich, bis die Lokführer aus der Zugmaschine sprangen und unter das Geschoss krochen. Es gab keine Informationen, ich entschloss mich dazu, mir selbst einen Überblick von der Lage zu verschaffen, andere folgten.


Der Zug war entgleist. Keine konnte sich erklären, was hier passiert war, in einer unscheinbaren Kurve, die der Zug zuvor sicherlich tausende Male ohne Probleme passierte. Nun denn, ich wusste, dass der Zug so schnell nicht mehr fahren würde. Glücklicherweise war ich am Vortag bereits in diesem Dorf kurz vor Borjomi gewesen, die Strecke belief sich auf gute 12km Fußweg, die Bahn hätte einen etwas längeren Weg genommen, da ich durch die Seilbahn abkürzen konnte. Da ich nicht auf Hilfe warten wollte, die vielleicht erst nach Stunden eintreffen würde, nahm ich die Beine in die Hand und machte mich auf den Rückweg nach Borjomi, wo ich nach guten anderthalb Stunden auch ankam. Glücklicherweise fuhr die Seilbahn noch, sodass ich den Abstieg vom Berg auch vermeiden konnte.
Ob und wann der Zug geborgen wurde, konnte ich nicht mehr in Erfahrung bringen.
[sp-form formid=5257]